NALI & Samon Kawamura: »Fühlst du dich wirklich so, wie du schreibst?«
»Asche« ist das Debütalbum von NALI und zudem eine Kollaboration mit Produzent Samon Kawamura. Im jamaikanischen Restaurant YA-MAN sprechen sie über Nischensounds, Nigeria und das Erwachsenwerden.
N: NALI
SK: Samon Kawamura
Welches ist euer liebstes dynamic duo?
N: Gang Starr.
SK: Ah, Preemo und Guru! Eine Platte, die in ihrer cohesiveness für mich musikalisch wertvoll war, ist »Madvillainy« von MF DOOM und Madlib.
N: Shit.
SK: In meiner Jugend gab's natürlich andere prägende Duos: Eric B & Rakim, Fresh Prince & Jazzy Jeff. Und viele andere. Gang Starr, natürlich. Aber »Madvillainy« ist ein ganzes Album, was ich vom ersten Track bis zum letzten wirklich nachhaltig beeindruckend fand.
Spannend, dass du ein jüngeres Duo nennst als NALI.
SK: Ich bin eigentlich geistig der Jüngere. (lacht)
N: Alright.
SK: Die Frage ist ja, was wirklich prägend für mich war. Ultimativ geht es bei Kunst darum, dass du etwas hörst, siehst, fühlst, was dich inspiriert und emotional bewegt. Am Anfang war Prince für mich der größte Held, seinetwegen wollte ich überhaupt Musik machen. Dann kam HipHop um die Ecke. Dann nehmen dich deine älteren Geschwister zu einem fünfstündigen Funkadelic-Konzert mit. Du hörst das und denkst: »Krass, die machen ja De La Soul-Songs.« Merkst, dass die Musik, die du feierst, auf andere Musik aus anderer Zeit aufbaut. Durch HipHop und die damit verbundene Samplekultur konnte ich dann Musik aus unterschiedlichen Genres und Jahrzenten kennenlernen. Diese Aha-Momente, in denen man über HipHop auf tolle original recordings und deren Macher und Kulturen stößt, sind immer noch das Schönste. Da bin ich noch ganz der beeindruckte 17-Jährige, der das erste Mal George Clinton sieht, wie er 20 Minuten lang »Knee Deep« schmettert.
Wie habt ihr eigentlich zueinander gefunden?
N: Durch meinen Manager Götz Gottschalk.
SK: Götz hatte gefragt, ob ich einen Beat für NALI habe. Was ich passend fand, habe ich geschickt und dann passierte lange nichts. Irgendwann kam von NALI etwas zurück. Dass wir uns in persona getroffen haben, passierte erst später. Ich war noch in andere Produktionen involviert, Corona gab es auch noch. Insofern hat es bisschen gedauert. Als wir uns endlich über die gerade neu entstandene Musik etwas angenähert haben, haben wir uns getroffen und dann sehr viel geredet. Damit sich ein Vibe bildet. Mir war zu dem Zeitpunkt gar nicht klar, dass das eine ganze Platte werden soll.
Die Menge der Songs ist also entstanden, weil es einfach funktioniert hat?
SK: Es ist eine sehr dankbare Situation, wenn man einfach etwas schickt und alle paar Tage einen Song zurück bekommt.
N: Ich habe seine Beats krank gefühlt. Das war ein Style, den ich noch nicht so oft gemacht hatte. It was like a burst, ich habe viel geschrieben, das ist einfach rausgekommen. Aufgenommen, ihm geschickt. Dann kam direkt der Mix zurück. So Ping-Pong. Das war cool. Manchmal arbeitet man mit jemandem und hört dann zwei Monate nichts von dem. Das killt den Vibe.
»Mit den Jahren, die ich auf dem Buckel habe, habe ich bloß ein bisschen mehr gesehen. Aber das heißt nicht, dass ich irgendetwas besser weiß.«
Wo sind eure unterschiedlichen Perspektiven aufeinander gekracht?
N: Ich habe Spaß daran, die Visionen von Anderen zu erleben. Samon ist ein OG für mich. Ein Schlüsselmoment war, als Samon meinte, meine Texte seien ein bisschen zu depri. Dass mein Rap-Shit runter zieht. Dadurch habe ich mich erst an andere Vibes gewagt. Das war für mich ein super wichtiger Moment.
SK: Dem will ich ein wenig Kontext geben. Durch die Songs, die per Mail kamen, konnte ich einen ersten Eindruck bekommen. In der Zeit dachte ich: Ich will eigentlich nur Spaß an der Sache haben. Das ist eigentlich bei jeder Session so, egal, wen ich kennenlerne und mit wem ich arbeite: Ich lasse es erstmal laufen. Zumindest am Anfang nicht zu verkopft oder konzeptionell rangehen. Im Fall von NALI haben wir uns erstmal über die Musik kennengelernt, also gar nicht persönlich. Über das, was jeder so anbietet. Ich die Musik, er die Texte. Und Flows. Und Stimmungen. Nichtsdestotrotz habe ich natürlich etwas herausgehört aus den Thematiken, die er behandelt, sein Lebensgefühl. Erst Monate später kam er in mein Studio. So sehr ich mit meinem Alter kokettiere, kickt bei diesem Altersunterschied manchmal nicht der Produzent, sondern der Vater in mir. Es gibt Zeilen, bei denen ich denke, und das war eigentlich meine Frage: »Fühlst du dich wirklich so, wie du schreibst?« Eine menschliche Frage, sorgenvolle Frage. Nicht, weil mich seine Texte runterziehen. Sondern: »Erzähl mal ein bisschen mehr von deinem Leben.« Ich wollte NALI darin ermutigen, auch andere Themen zu beleuchten. Im Optimalfall geschieht so ein Gespräch auf Augenhöhe. Mit den Jahren, die ich auf dem Buckel habe, habe ich bloß ein bisschen mehr gesehen. Aber das heißt nicht, dass ich irgendetwas besser weiß. Aber ich spürte, dass NALI noch so viel mehr erzählen kann, als nur Battlerap-Lines zu schreiben.
Gab es solche Momente auch umgekehrt?
N: Nicht wirklich. Alles, was er mir vorspielt, ist amazing.
SK: Er ist einfach ein sehr inspirierter Künstler. NALI, soweit ich ihn verstehe, spürt einen Vibe und ist schon im Schreibmodus. Da überlegt er nicht so lange. Die Musik triggert einen Moment, dann geht's fix. Das habe ich im Studio erlebt. Teilweise habe ich ganz neue Sachen einfach nur angespielt, dann murmelt er zwanzig Minuten auf dem Sofa vor sich hin. Und dann sagt er: Okay, I think I got it. Okay, na dann – Los. Dann geht er in die Gesangskabine, ich mache drei Takes und das war's.
Samon, du bist fast doppelt so alt wie NALI. Macht sich das in der Zusammenarbeit bemerkbar?
SK: Du meinst, dass er ein ganz anderes Lebensgefühl zu dieser Kultur hat als ich? Davon habe ich eigentlich nicht viel gespürt. Es gibt natürlich Sachen im lokalen Bereich, in der Berliner New Wave beispielsweise, das muss mir NALI erst einmal zeigen und erklären. Oder wie ihn persönlich die Rapmusik der Neunziger prägt. Dass man voneinander lernt und sich abgleicht, liegt in der Natur von Kollaborationen. Ich lerne viel von NALI und seiner Generation. Ich kann verstehen, dass NALI die Boom Bap-Ära feiert und davon inspiriert sein kann. Zeitgleich finde ich persönlich aktuell Künstler wie Pink Siifu, MIKE und Navy Blue viel interessanter. Viele, die nach Earl Sweatshirt kamen. Diese Art von Rap und deren Ausdrucksweise und ihre Musik sprechen mich im Moment am meisten an. Ich habe totalen Respekt vor der Old School und man kann das nicht wegdenken. Schließlich bauen die neueren Sachen darauf auf. Das sind Erinnerungen, die mich damals inspiriert haben. Aber das Gefühl und die Begeisterung, wenn man etwas Tolles hört, ist gleich geblieben. Für die alten Platten kann ich sie nur nicht mehr so empfinden wie damals. Es hat mich bei NALI immer gefreut, dass er flowtechnisch nie etwas Altbackenes gemacht hat. Den Beat von »Lockdown« habe ich ihm im Studio vorgespielt. Da hat er sich hingesetzt und nach dreißig Minuten war's fertig. Der Beat ist ja recht langsam und reduziert. Erst durch den Rap kriegt der Song die Dynamik und eine Modernität, die zwar an Boom Bap erinnert, aber doch im Hier und Jetzt stattfindet.
»Von jedem Einzelnen, der das Mikrofon in die Hand nimmt, will ich hören, wie seine Welt aussieht«
Als Referenzrahmen des Albums ist der Hype um Griselda-Records naheliegend, nicht nur, weil Rick Hyde auf dem Album vertreten ist. Samon hat bereits Earl Sweatshirt erwähnt. Hattet ihr eine dezidierte Soundvision für das Album?
SK: Ich hatte das vielleicht ungefähr am Anfang. Vereinfacht gesagt: reduzierte Beats und NALIs Lebensgefühl mit modernen Flows. Aber eine Albumproduktion ist immer eine Reise – wo man am Ende landet, ist immer ein wenig anders, als man am Anfang gedacht hatte. Was mir bei Earl Sweatshirt und Anderen wie MIKE gefällt: Dass diese Musik eine Emotion in mir herausholt. Und dass die Rapper mit einer Dringlichkeit etwas erzählen. Bei Griselda mag ich die Energie, Ästhetik der Beats. Voll cool, alles. Fashion Rap! Und Westside Gunn ist einfach ein Charakter mit sehr eigener, unverwechselbarer Stimme und Stil. Er bringt das, was er macht, wahnsinnig gut rüber. Griselda setzt da an, wo Boom Bap endete, gepaart mit Lifestyle, Pop Art, wobbligen Samples, reduzierten Beats. Einige dieser genannten Elemente sind vielleicht eingeflossen. Aber wie gesagt: Am Ende ist es etwas Eigenes. Vor allem, weil NALI einen eigenen Stil hat.
NALI, wie würdest du deinen lyrischen Anspruch beschreiben?
N: Ich mag beeindruckende Flows. Mehr als ein Flowpattern in einem Sechzehner. Ich mag Alliterationen zurzeit gerne, das macht mir mies Spaß. Ich versuche über echte Sachen zu sprechen, authentisch zu bleiben. Und manchmal möchte ich eine Message rüberbringen, das fehlt mir in der Szene. Samon hat mir aber auch gesagt, dass ich es mit der Kritik an anderen Rapper:innen nicht übertreiben soll. Mein Background ist Battlerap, aber ich hab Bock, über Anderes zu sprechen. Wenn du versuchst, etwas zu verändern, dann sind die Chancen, dass dir zugehört wird, größer, wenn du das indirekt rüberbringst. Wenn ich dir direkt sage, was ich an dir nicht mag, wirst du defensiv. Wenn ich dir eine andere Perspektive zeige, kannst du deinen Standpunkt überprüfen.
NALI, auf »Big Gas« erwähnst du den Cypherkreis, also eine HipHop-Urerfahrung von Community und Competition. Was hat das mit deiner Art, Rap zu machen, zu tun?
N: Mein Vater hatte ein Phase, in der er sich an Beats versucht hat. So habe ich mit Rap angefangen. Er hat dann einen Drumcomputer gekauft, Mikrofon und Mixer. Das ist eigentlich schon die erste Cypher. Deswegen konnte ich schon rappen, als ich in die High School kam. Auf dem Schulhof haben wir den Cypherkreis gebildet. Oder auf Parties: Alle sind bisschen besoffen, Kaz fängt an zu beatboxen. Dann hat man gefreestylt und die Homies haben das gefeiert. Das wurde zur Tradition. Es gab sogar einen Running Gag: Auf jeder Party wurde um 0:45 Uhr gesagt: »Viertel vor Eins, jetzt wird gerappt!«. Der Cypherkreis hat mich motiviert. Dass meine Homies, von denen keiner gerappt hat, immer in den Kreis gekommen sind und von Kaz und mir wollten, dass wir jetzt 'ne Show für die machen. Du lernst auch voll viele Leute kennen. In der Bar, bei Konzerten oder Partys kamen dann plötzlich andere Rapper dazu, die den Kreis gewittert haben. Das ist HipHop für mich. Der Cypherkreis ist der Austausch und der Moment, in dem wir uns kennenlernen.
»Asche« handelt immer wieder von den Tücken des Erwachsenwerdens. Identitäts- und Schaffenskrisen, Geldsorgen & Hustle. Samon, bei dir ist das doch sicher lange vorbei. Wie blickst du auf diese Texte?
SK: Diese Lebenssorgen hören ja nie so wirklich auf. Aber der Fokus verschiebt sich, je nach Lebensphase. Mit einigen Themen wird man ein wenig gelassener. NALI erzählt in seinen Texten seine Coming-of-Age-Wahrheiten. Viele der Grundemotionen, etwa Freude oder Sorgen, haben sich womöglich nicht verändert, aber die Zeiten sind Andere. Die Menge an konkreten Sorgen und die damit einhergehende Ohnmacht ist heute vielleicht eine größere Herausforderung als zu meiner Zeit als angehender Erwachsener. NALI rappt mit seinem Background in seiner Art, wie sein Leben aus seiner Perspektive im Hier und Jetzt aussieht. Der Vater in mir, wie gesagt, macht sich manchmal Sorgen, aber den Generations-und Kulturübergreifenden Austausch finde ich total wichtig und wertvoll. NALI ist nicht nur ein Willmersdorfer Junge, er hat eine offensichtlich interessante Familiengeschichte. Geschichten aus diesen multikulturellen Backgrounds hoffe ich in dieser Zeit, in der wir so häufig über Identität und Diversität reden, noch viel öfter zu hören. Von jedem Einzelnen, der das Mikrofon in die Hand nimmt, will ich hören, wie seine Welt aussieht, wie seine Wahrnehmung aussieht. Es war NALI immer wichtig, dass er mehr in dieser Rap-Tradition steht als viele Andere, die den modernen Sound machen. Wo es mehr um Hedonismus geht. Das finde ich auch cool und das hat seinen Platz. Aber NALI ist der alte Rap-Ethos sehr wichtig und auch das Songwriting. Ich bin mir sicher, dass NALI in Zukunft noch viel zu erzählen hat.
»Durch den Tod meines Großvaters hatte ich die Chance, zu reflektieren, was mir diese Herkunft bedeutet. Weil er nicht da war, habe ich stärker gefühlt, dass ich da war.«
NALI, ist es dir schwer gefallen, so persönliche Texte hervorzubringen?
N: Es war nicht so schwierig, wie man vielleicht denken würde. Das Gefühl bei Samon im Studio, als wir über jegliche Sachen gesprochen haben, als ich ihm über mich erzählt habe und worüber ich so nachdenke, das war das Pre-Game. Das später ins Songwriting einfließen zu lassen, passiert sowieso. Ich ziehe Inspiration aus jeglichen Sachen, die mir widerfahren. Ich bin kein Typ, der viel darüber nachdenkt. Aber ich habe versucht, Beats zu picken, die bei mir ein bestimmtes Gefühl auslösen. Bei den ersten Tracks habe ich immer die düsteren Beats gewählt, the slappers. Und da einfach drauf geflext. Weil ich so excited war. Die Beats waren crazy, komplett neu. Ich war so: Oh shit, I just wanna fuck this up.
In »Abendrot« erzählst du aus dem Hamsterrad, den Ausbruch daraus markiert das Outro »Weedentzug«. Darin erzählst du von einem Aufenthalt bei deiner Familie in Nigeria. Du warst schon öfter dort - Was war diesmal anders?
N: Es war das erste Mal, dass ich so lang da war. Vier Monate. Das hat mir die Chance gegeben, den Ort richtig kennenzulernen und dort einen Alltag zu entwickeln.
SK: Vor Nigeria gab es unsere Gespräche, aber auch die Beobachtung, dass manche Songs vielleicht ein bisschen einseitig waren. Auch durch die Beats, die ich ihm geschickt hatte. Dann ist NALI nach Nigeria gegangen. Und ich habe darüber nachgedacht, wie dieses Album diverser werden kann. Ich glaube, die Kombination von diesen Gesprächen und der Möglichkeit, dem gewohnten Umfeld zu entfliehen, hat viel getan. Tapetenwechsel. Dazu kam dann in Realität, dass er in dieser Zeit tatsächlich nicht geraucht hat. Das ist 100% Realtalk. NALI, so habe ich es beobachtet, hatte die Chance, ein bisschen out of the box zu denken. Weil er aus dem Alltag raus war, gab es eine andere Realität für ihn. Gleichzeitig konnte er nochmal über das hiesige Leben reflektieren und hatte dadurch die Chance, daraus anders zu berichten, anders zu schreiben. Nicht nur dieser Battlerap-Ethos. NALI war auch ganz anders, wenn wir gezoomt haben. Komplette Entschleunigung. Ich habe mich total gefreut, weil ich gemerkt habe: Jetzt macht das eine Reise. Jetzt kommt eine andere Ebene hinzu. Da hat Nigeria ihm total geholfen.
Welche Eindrücke und Erkenntnisse hast du diesmal in Nigeria gefunden und wie haben sie »Asche« geprägt?
N: Ich war dort an der Uni, habe Deutschunterricht gegeben. Ich habe Leute aus meinem Alter kennengelernt. In Lagos, der früheren Hauptstadt, leben 30 Millionen Menschen, riesiges Chaos. Das kann man nur verstehen, wenn man dort ist. Dort zu wohnen, rauszugehen und zu arbeiten, auch mit Produzenten aus Nigeria – die Chance, was ich in Berlin mache, in Lagos zu machen – war eine riesige Ehre. Bevor ich in Lagos war, war ich in Ibadan. Dort lebt meine Großmutter. Jeden Morgen Yoga, Fitness, meine Großmutter hat gekocht. Ich bin zum Einkaufen auf den Markt gegangen, viel mit meinem Cousin gechillt. Es war auch ein wenig traurig: Der Grund für meinen Besuch war der Tod meines Großvaters. Mein kleiner Bruder war vor mir da und hat ein wenig auf meine Großmutter aufgepasst. Dann ich, mein Onkel, meine Mutter. Dadurch hatte ich die Chance, zu reflektieren, was mir diese Herkunft eigentlich bedeutet. Als mein Großvater noch gelebt hat, kam ich jedes zweite Jahr zu Besuch und das war für mich einfach normal. Jetzt bin ich hingefahren und er war einfach nicht da. Er ist derjenige, der wirklich aus Nigeria kommt, meine Großmutter kam eigentlich aus Wales. Weil er nicht da war, habe ich stärker gefühlt, dass ich da war. Ergibt das Sinn?
Total. Man bekommt ein Bewusstsein für die Endlichkeit. Und stellt sich die Frage, wie man dieses Erbe weitertragen will.
N: Oh yes! Das ist es.
»An deinen Traum zu glauben und dir selbst Gutes zu tun, that's the same thing as worshipping God.«
Dazu passt die Zeile: »Gehe den Weg vorgelegt von meinen Ahnen«.
N: In Nigeria spielen die ancestors eine viel größere Rolle als hier. Auch der Respekt vor den Älteren. Das ist in der Kultur verankert. Da werden die Ahnen auch angebetet, sind immer präsent. Mein Großvater hat mir früher immer von dem Dorf erzählt, aus dem er kommt. Dann nennt er Namen von wirklichen Menschen, die dort vor vielen Jahren gewohnt haben. Und deren Vater und sein Vater und sein Vater vor ihm. Das ist super interessant.
Auf deiner Suche nach Klarheit eröffnet sich mit »Du brauchst Gott« eine religiöse Ebene. Du wirkst nicht unbedingt wie der typische Wilmersdorfer Kirchengänger.
N: Was ich mit Gott verbinde, ist wahrscheinlich etwas anderes als der Durchschnittschrist. Ich wurde getauft, bin aber nie in die Kirche gegangen. Was ich mit Gott verbinde, ist einfach gratitude, das Gefühl von etwas Höherem. Das Erlebnis, am Leben zu sein, ist für mich viel zu trippy, um es einfach zu akzeptieren. Was mir Gott bedeutet, ist, dass ich träume, dass ich so viele Emotionen verspüre, dass es so schön ist und so schmerzhaft. Wenn ich morgens Yoga mache, ist es, als würde ich beten. Oder wenn ich mich kurz hinsetze und für fünf Minuten meditiere, auch wenn ich es nicht so oft mache. Sich mit dem Gedanken zu befassen, dass man versucht, sich mit etwas zu verbinden, das ist self-reflection. Sich mit sich selbst zu befassen, ist auch eine Art von Gebet.
Du rappst: »Zu seinem Bilde geschaffen, der Grund warum wir es schaffen« – Was mich glauben lässt, dass dein Glaube dir vor allem in deinem Alltag und im Spiel mit deinen Visionen hilft.
N: An deinen Traum zu glauben und dir selbst Gutes zu tun, that's the same thing as worshipping God. Staying true to what you believe in and what you feel, that's worshipping God. Da denke ich immer an die Lyrics von Erykah Badu:
»If we were made in his image
Then call us by our names
Most intellects do not believe in God
But they fear us just the same«
Das soll nicht größenwahnsinnig klingen, aber jeder von uns trägt doch Gott in sich.